Einleitung
Ihr habt bestimmt schon einmal von High Dynamic Range oder HDR Fotos gehört – einer recht populären Technik für beeindruckende Bilder im Bereich der digitalen Fotografie.
Falls nicht, hier eine kurze Erklärung: Ein HDR-Bild besteht aus einer Belichtungsserie einer kontrastreichen Szene, deren unterschiedlich belichtete Bilder in einem Prozess zu einem HDR-Bild zusammengerechnet werden, sodass sehr helle und sehr dunkle Bereiche im Bild noch Zeichnung enthalten.
Ein HDR-Bild kann jedoch aufgrund seiner hohen Dynamik nicht auf einem konventionellen Monitor dargestellt werden und muss daher in ein kompatibles LDR- (Low Dynamic Range) Bild per Tonemapping zurückgewandelt werden.
Das Resultat ist ein beeindruckendes Bild, das dem menschlichen Sehempfinden sehr nahe kommt (Das menschliche Gehirn kann unterschiedlich helle Bereiche, die über die Sehnerven aufgenommen werden, zu einem ausgewogen belichteten Bild zusammensetzen). Allerdings kann man den Prozess auch übertreiben, wodurch sehr surrealistische Bilder entstehen, die in Foren häufig kontrovers diskutiert werden. Eines ist jedoch sicher, HDR und das darauf folgemde Tonemapping ist eine etablierte Technik, die uns mit Sicherheit noch lange begleiten wird. Wenn sie richtig angewandt wird, erhält man außerordentlich detailierte und brillante Bilder, die den Betrachter in ihren Bann ziehen. Bilder nach dem HDR-Prinzip sieht man übrigens fast täglich in der Werbung.
Das obenstehende Bild zeigt, wie ein HDR-Bild erstellt werden kann (natürlich ist dieses Beispielbild per Tonemapping wieder in ein LDR-Bild gewandelt worden). Ein solches Bild wäre ohne HDR nicht möglich, da der Kamerasensor einen so großen Dynamikbereich nicht erfassen kann. Das erste Bild zeigt das Resultat einer normalen Aufnahme, so wie es die Kamera reproduzieren kann. Auf den ersten Blick scheint die Belichtung OK zu sein – auf den zweiten zeigen sich deutliche Schwächen in den Lichtern und Schatten. Dieser Beitrag soll euch zeigen, wie ihr mit eurer Kamera die Bilder für ein HDR-Bild aufnehmt und worauf ihr dabei achten müsst.
- Lest die Bedienungsanleitung
Klar, Bedienungsanleitungen sind etwas für “Warmduscher” – aber wenn ihr alles aus eurer Kamera herausholen wollt solltet ihr genau wissen, wie sie funktioniert und wo ihre Grenzen liegen – von daher freundet euch besser mit der Bedienungsanleitung an. Nehmt euch Zeit und lernt die Einstellmöglichkeiten der Kamera auswendig – zu jeder Gelegenheit.
- Belichtungsreihe
Die Belichtungsreihe ist eine Grundvoraussetzung für HDR-Bilder. Hierbei wird die Szene mit unterschiedlichen Belichtungseinstellungen aufgenommen, sodass jedes Detail der Szene richtig eingefangen wird.
Die Belichtungsreihe der Kamera nimmt, je nach Einstellung, ein normal belichtetes, ein überbelichtetes (Details in den Schatten) und ein unterbelichtetes Bild (Details in den Lichtern) auf. Je nach Modell sind auch bis zu 5 Bilder möglich. Je mehr Bilder je Belichtungsreihe, desto besser.
Zum Auswählen der Belichtungsreihe drückt ihr zum Beispiel an der A700 die Taste "DRIVE" und wählt mit den Cursortasten den Modus "Serie". Nun könnt ihr den gewünschten Belichtungsabstand und die Anzahl der Bilder wählen.
Tipp: Ihr könnt die Belichtungsserie über die AEL Taste auch nach oben und unten verschieben, sodass ihr die Anzahl der Aufnahmen vervielfachen könnt: z.B. 3 Aufnahmen unten, 3 in der Mitte und 3 im oberen Bereich.
- Blendenpriorität
Setzt eure Kamera auf jedem Fall in den Blendenprioritätsmodus "A", damit ihr nicht Bilder mit unterschiedlichen Schärfentiefen erhaltet. Dreht das Einstellrad der Kamera daher auf "A".
Natürlich könnt ihr auch den manuellen Modus (M) wählen und die Belichtungszeit manuell ändern - aber das ist wesentlich aufwändiger.
Nun müsst ihr die Blende festlegen, mit der ihr euer Motiv aufnehmen wollt. Bei Landschaften solltet ihr einen recht großen Blendenwert wählen, um die nötige Schärfentiefe zu erhalten.
Tipp: Stellt euch 20 Personen in hintereinander in einer Reihe vor, wenn ihr die ersten 10 Personen scharf abbilden wollt wählt eine Blende von 10, wenn ihr alle Personen scharf abbilden wollt wählt Blende 20 - ganz einfach - oder? Mit einem Blendenwert über f11 habt ihr für gewöhnlich die gesamte Szene scharf im Bild.
- Belichtungsmessung
Diese Einstellung bestimmt, wie eure Kamera die Belichtungsmessung durchführt. Für gewöhnlich reicht die Mehrfeldmessung in einigen speziellen Fällen sollte man jedoch auch auf die Spot- oder mittenbetonte Messmethode zurückgreifen, um ein perfektes Ergebnis zu erhalten. Macht euch mit den verschiedenen Messmethoden vertraut. Für den Anfang verwenden wir erst einmal die Mehrfeldmessung.
Tipp: Wenn ihr die korrekten Belichtungseinstellungen für den hellsten und dunkelsten Bereich eures Motivs wissen wollt, wählt die Spot- oder mittenbetonte Messmethode aus und visiert die entsprechende Stelle an. Drückt den Auslöser halb durch und lest den entsprechenden Wert für die Verschlusszeit ab und notiert diesen. So wisst ihr später in welchem Bereich ihr euch bei der Belichtungsreihe bewegen müsst.
- Weißabgleich
Dieser Punkt wird häufig vernachlässigt, hat aber einen entscheidenden Einfluss auf das spätere Ergebnis. Ist der Weißabgleich daneben ist es das Bild ebenfalls. Die Weißabgleich-Automatik funktioniert in den meisten Fällen, es gibt jedoch Situationen, in denen man manuell eingreifen sollte.
Wenn eure Ergebnisse einen Farbstich haben oder die Farben nicht stimmig sind, so ist ein manueller Weißabgleich erforderlich. Sucht euch in der Szene einen Gegenstand, der absolut weiß ist oder nehmt ein weißes Blatt Papier zur Hand und führt einen manuellen Weißabgleich durch. Der richtige Weißwert ist ausschlaggebend für die Farben in eurem Bild - stimmt der Weißwert - stimmen auch alle andern Farben.
- ISO
Der gewählte ISO-Wert bestimmt die Lichtempfindlichkeit eurer Kamera. Je höher der Wert, desto empfindlicher die Kamera. Die Schattenseite: Je höher die Empfindlichkeit, desto höher das Rauschen. Gerade bei HDR-Bildern tritt dies unweigerlich hervor. Daher ist es sinnvoll einen möglichst niedrigen ISO-Wert zu wählen. Ich empfehle einen Wert von 100.
Tipp: Schaltet die Dynamikbereichsoptimierung aus, um Rauschen in den dunklen Bildbereichen zu verhindern.
- Nutzt ein Stativ
Mit einem großen Blenden- und einem geringen ISO-Wert werden eure Verschlusszeiten unweigerlich relativ lang. Hierdurch wird es recht schwierig, die Kamera ruhig zu halten. Des Weiteren müssen für ein HDR- Bild mehrere Bilder deckungsgleich übereinander gelegt werden - daher sind Verwacklungen und Perspektivenänderungen hier absolut unerwünscht.
Nutzt daher ein stabiles Stativ, um Bewegungen der Kamera währen der Aufnahme zu vermeiden.
- Selbstauslöser/Spiegelvorauslösung
Verwendet den 2-Sekunden-Selbstauslöser, um Verwacklungen während des Drückens des Auslösers zu vermeiden. Noch besser: einen Fernauslöser oder die Infrarotfernbedienung einiger Modelle.
Tipp: Wenn eure Kamera über eine Spiegelvorauslösung verfügt - nutzt diese.
- Das richtige Objektiv
Die HDR-Fotografie kann für jede Art von Motiv genutzt werden - häufig findet sie jedoch Anwendung in der Landschaftsfotografie. Daher empfiehlt es sich ein Weitwinkelobjektiv zu verwenden.
Ein Objektiv mit einer Brennweite von 28 mm oder geringer ist gut geeignet. Ein gutes Objektiv ist zum Beispiel das 16-80 mm Zeiss oder 24-70 mm Zeiss. Bei noch weitwinkligeren Objektiven müsst ihr jedoch mit fischaugenähnlichen Verzerrungen rechnen.
- Manueller Fokus
Nachdem wir nun das richtige Objektiv gewählt haben ist es an der zeit und mit dem manuellen Fokussieren auseinanderzusetzen. Der Autofokus ist ein tolles Stück Technik - ist aber für diese Art der Fotografie absolut nicht zu gebrauchen. In der HDR-Fotografie können wir uns eine Veränderung des Fokus während der Erstellung der einzelnen Aufnahmen nicht erlauben - von daher wählen wir den manuellen Modus. Stellt euer Motiv scharf und berührt das Objektiv danach möglichst nicht mehr.
- Wasserwaage
Achtet darauf, dass eure Kamera exakt ausgerichtet ist, um ein späteres Beschneiden des Bildes zu minimieren. Sollte euer Stativ über keine Wasserwaage verfügen oder ihr mit einem Kugelkopf arbeiten, so schafft euch am Besten eine Miniwasserwaage für den Blitzschuh an.
Fazit
Wenn ihr euch an die oben genannten Punkte haltet steht dem Projekt HDR-Aufnahmen nichts mehr im Wege. Im nächsten Workshop befassen wir uns mit dem Aufnehmen der Bilder: Komposition, Bildinhalte, die Welt der Histogramme und Vielem mehr.
Viel Spaß beim Ausprobieren und allzeit gut Licht
Peter